Kein Kind von Traurigkeit war Albert (links), mit Schwester Martha und Bruder Albin im Jahre 1947
Die Fahnenabordnung mit ASV-Latsch-Präsident Werner Kiem (rechts) nimmt Abschied von einem verdienstvollen Mitglied.
Die damalige Vorsitzende des Sportanlagenbetreibers Viva:Latsch, Annelies Aufderklamm, überreichte Albert die Urkunde für das 2022 absolvierte 40. Sportabzeichen.

Du fehlst uns überall 

Publiziert in 1 / 2025 - Erschienen am 14. Januar 2025

Latsch - Albert Blaas nahm sich die Freiheit, am Montagvormittag, 9. Dezember 2024, im 85. Lebensjahr, diese Erde hinter sich zu lassen. Es war die letzte seiner vielen Überraschungen. Bei unserem Besuch anfangs November sprach er noch vom nächsten Treffen, von alten Zeiten und vom Zusammensitzen. Statt mit dir, Albert, von alten Zeiten zu plaudern, trat die Fahnenabordnung mit Sportvereinspräsident Werner Kiem, Ausschussmitglied Harald Trafoier und Fähnrich Stefan Waldner an den Sarg, um dich in letzter Ehrerbietung zu grüßen. Als der Kirchenchor „von guten Mächten umgeben“ sang und die Latscher Jagdhornbläser „Schworzwond“ dir den letzten Jagd-Gruß schickten, erinnerten sich viele an deine „Harmonika-Studien“ bei der „Volksmusikmutti“ Anneliese Breitenberger. Es tauchte die Frage auf: Was wird bleiben außer einer meist ausgetrockneten Weihwasserschale aus Marmor? Sich dieser Frage zu stellen, regte auch der Satz auf dem Sterbebild an: „Von der Erde gegangen, im Herzen geblieben“. Nach dem stimmungsvollen Sterbegottesdienst besuchte ich  Alberts mögliche Ruhestätte im neuen Teil des Latscher Friedhofs. In Stein gehauen erschließt sich deine Familiengeschichte. Dein 1. Vorfahr in Latsch war Johann Blaas, in Latsch bekannt als der „Honnes“ (1891-1981). Er hatte in die begüterte Familie Tanzer eingeheiratet und wurde zum  Begründer der heute noch bestehenden Fischzucht (um 1928 laut Dorfbuch). Wissen und Erfahrung hatte der Honnes als Fischzüchter des Grafen Oswald Trapp aus Schluderns mitgebracht. Es waren in Latsch durchwegs Naturteiche, die zu bearbeiten waren. Inzwischen – es war dein Geburtsjahr 1939 – kam die unselige Option. Als überzeugte „Optanten“ musste deine Familie auswandern. Albin war 7, Albert 2 und Martha erst geboren, als es die Optanten-Familie von 1941 bis 1945 ins Burgenland, nahe an die ungarische Grenze verschlug. Kurze Zeit konnte Vater Franz noch seinem Brotberuf als Forstarbeiter nachgehen, dann hatte er sofort einzurücken, weil sich die Russen näherten. Zufällig befand sich ein Schwager im Lazarett von Wiener-Neustadt, dem es gelang, die Familie über Innsbruck und Reschen heil nach Latsch zu bringen, besser gesagt: zu schmuggeln. Auch Franz kehrte unversehrt zurück und trat 1965 in  die Fußstapfen vom Honnes als Fischzüchter. Gleichzeitig wurde er in Latsch zum Gemeindediener. In der Zwischenzeit (1964) hast du, Albert, mit Monika Anna Scurla eine Familie gegründet und bist  nach und nach in den Fischereibetrieb hineingewachsen. Du hast es geschafft – zusammen mit deinem Vater Franz – als neuen und viel versprechenden Erwerbszweig das Räuchern einzuführen. Damit begann eine deutliche Expansion des Betriebes durch Kunden vor allem im nahen Graubünden (Schweiz). Bei Wind und Wetter, im Sommer und im Winter übernahmst du es - später auch deine Söhne Thomas und Markus - lebenden Fisch durch das Münstertal über den Ofenpass zu einem Verteiler in St. Moritz zu bringen. Der geräucherte Fisch kam nach Landquart und von dort nach Zürich und Basel. Es gab nicht nur Fische in deinem Leben, lieber Albert. Wir, fast um 10 Jahre jünger, folgten deiner Begeisterung, im Winter Volkslangläufe auf Skiern zu bestreiten. Im Sommer hast du uns jüngere Leichtathleten für den Mehrkampf oder für das Deutsche Sportabzeichen motiviertet. Ohne dich wären wir nie so lustig und abwechslungsreich in der Welt herumkutschiert worden. Ein Höhepunkt war wohl die Reise zum „Wasa-Lauf” in Schweden 1978. Die Latscher Gruppe bestieg in Mailand den Flieger – nur 3 davon hatten Flugerfahrung – und belegte Sitze im Mittelteil des Rumpfes. Noch bevor das Flugzeug im dichten Nebel den Steigflug beendet hatte, hast du, Albert, uns durch deine Witze von der Flugangst abgelenkt. Etwas verstört haben uns die anderen Passagiere beim Lachen beobachtet. Deine Geschichte vom brennenden Flugzeug  und vom Stewart, der stotterte, erzählen wir uns heute noch. Zurück zur Familie Blaas im Wiesenweg. Inzwischen hatte deine Schwester Martha (Jg. 1941) ihr Friseur-Geschäft in Mals geschlossen und den „Colonnello“ des Heeres Piero Bruschi aus der Gegend von Modena geheiratet. Ein interessantes und abwechslungsreiches Leben führte dein Bruder Albin (geb. 1934), der den Militärdienst bei der Marine in Venedig absolvierte, Arbeitsplätze in der Gemeinde Latsch, in Bozen, Innsbruck und in München annahm, die Zerstörung der Fischerteiche durch die Überschwemmungskatastrophe von 1987 miterlebt hat und seit 1989 auch im Fischerei-Betrieb mithilft.

Günther Schöpf

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