Dieses Bild zeigt deutlich, dass Rinderklauen für harte Böden nicht gemacht sind. Sofern sie die Wahl haben, werden ungünstige Stand- und Laufflächen von Rindern vermieden.
Andreas Paulmichl
Raimund Prugger
Christian Plitzner
Chiara Perissinotto
Stefan Winkler
Melanie Graf
Markus Moriggl
Andreas Schwarz

Die Kuh „Kuh“ sein lassen

Beim Vinschger Berglandwirtschaftstagung 2021 drehte sich alles um die Gesundheit von Tier und Pflanze.

Publiziert in 39-40 / 2021 - Erschienen am 23. November 2021

Burgeis - Nach den Schwierigkeiten infolge der starken Schneefälle 2019 (wenig Publikum) und nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 konnte der Vinschger Berglandwirtschaftstag heuer wieder stattfinden. „Es freut uns, dass wir diesen Tag heute wieder begehen können, und zwar hier an der Fachschule Fürstenburg, wo Bildung stattfindet und wo landwirtschaftliches Wissen vermittelt wird“, sagte der Vizedirektor Andreas Paulmichl. Neben Vertretern der Mitorganisatoren BRING (Beratungsring Berglandwirtschaft), des Bauernbundbezirks Vinschgau und der Raiffeisenkasse Obervinschgau hieß er alle Referentinnen und Referenten willkommen sowie auch die Teilnehmer, unter denen sich auch die Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Nutztierhaltung befanden. „Die Tier- und Pflanzengesundheit, die bei der heurigen Auflage im Mittelpunkt steht, gewinnt immer mehr an Bedeutung“, sagte SBB-Bezirksobmann Raimund Prugger. „Und auch mit ökonomischen Auswirkungen sind diese Themen verbunden“, ergänzte BRING-Geschäftsführer Christian Plitzner, der u.a. darauf verwies, dass der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung künftig europaweit um 30% reduziert werden soll. „Kranke Tiere bringen auch große finanzielle Einbußen“, so Plitzner. Nicht weniger wichtig seien vorbeugende Maßnahmen auch beim Anbau von Gemüse und in anderen Bereichen der Landwirtschaft.

Alternative Behandlungsmethoden

Den Reigen der Fachreferate eröffnete die BRING-Beraterin und Tierärztin Chiara Perissinotto. Sie informierte über alternative Behandlungsmethoden bei Nutztieren. Neben der Homöopathie und Homotoxikologie ging sie auch auf die Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) und die Akupunktur ein. Auch über die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen bezüglich des Einsatzes von homöopathischen Mitteln und der Anwendung alternativer Behandlungsmethoden gab sie Auskunft. Wege für eine verbesserte Klauengesundheit zeigte Stefan Winkler, Berater für Klauengesundheit, unter dem Motto „Vorbeugen statt Heilen“ auf. Winkler hält schon seit Jahren Klauenpflegekurse im In- und Ausland und gilt im deutschsprachigen Raum als ein ausgesprochener Fachmann auf diesem Gebiet. Anschaulich und mit Hilfe von Beispielen aus der Praxis zeigte der Experte auf, welche Bedeutung der Klauengesundheit zukommt.

„Nicht blind sein im Stall“

Wichtig ist es laut Winkler, „im Stall nicht blind zu sein, Signale von Lahmheit zu erkennen und dann möglichst rasch zu handeln.“ Die Bedeutung gesunder Klauen sei nicht zu unterschätzen. Zusätzlich zum Aspekt des Tierwohls kann Lahmheit bei Milchkühen zu negativen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit und auch auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebs führen. Eine Studie in Österreich habe gezeigt, dass die Güstzeit (Zeitraum zwischen Abkalbung und erstem Trächtigkeitstag) bei lahmen Kühen mehrere Wochen länger dauern kann als bei gesunden Kühen. Dies schmälere die Leistung, sodass es zu einem jährlichen Verlust von bis zu 500 Euro kommen kann. Es gibt viele Faktoren, die einen Einfluss auf die Klauengesundheit haben. Nicht zu vergessen sei, dass sich der Großteil des Gewichtes einer „modernen“ Kuh auf den hinteren Körperteil verlagert hat: 70% hinten und nur mehr 30% vorne. In der Natur, etwa bei einem Bison, ist dieses Verhältnis genau umgekehrt. Die Veränderung der Gewichtsverteilung führt zu einer großen Belastung der relativ kleinen Fußungsfläche bei Kühen. Bei einem Rind beträgt die Belastung 2,5 kg pro Quadratzentimeter Fußungsfläche. Im Vergleich dazu sind es bei einem Menschen 0,19 kg und bei einem Elefanten 1,16 kg. Zu lange, ungleich hohe, krankhaft verformte Klauen und ungünstige Stand- und Laufflächen bewirken eine ungleichmäßige Belastung, eine ungleichmäßige Durchblutung der Lederhaut und ein ungleichmäßiges Wachstum. „Lassen wir die Kuh ‚Kuh’ sein“, sagte der Fachmann. Als Wege zum Erfolg nannte er außerdem eine hohe Sensibilität für Lahmheit, eine gute, fachgerechte und regelmäßige Klauenpflege und nicht zuletzt die Freude und den Spaß bei der Arbeit mit Milchkühen.

Fruchtfolge als Vorbeugemaßnahme

Auf die Bedeutung der Fruchtfolge insgesamt und speziell beim Anbau von Kohlgemüse ging Melanie Graf, Beraterin für den Anbau von Gemüse und Sonderkulturen, ein. Weil bestimmte Pilze und andere Schädlinge zum Teil kaum behandelbar sind, riet die Referentin, Anbaupausen von mindestens 4 Jahren mit anderen Kreuzblütlern einzuhalten. Um Kohl und anderes Gemüse von höchster Qualität produzieren zu können, braucht es gesunde Pflanzen. Die Beraterin informierte auch über das Bodengefüge und die Exposition als Einflussfaktoren auf die Pflanzengesundheit und wartete mit Tipps zur Bekämpfung, Vermeidung bzw. Eindämmung von wichtigen Schaderregern und Schädlingen wie Kohlhernie, Kohlfliege und Kohlmotte auf. Andreas Schwarz aus Glurns, mittlerweile selbst Lehrer an der Fürstenburg, stellte sein Maturaprojekt vor. Er hatte zusammen mit seinem Projektteam (Christian Peer, Elisabeth Haid und Elias Theiner) eine kostengünstige Stallbelüftungsanlage entworfen und in einem Stall in Schlinig in die Praxis umgesetzt (siehe der Vinschger Nr. 35-36/2021). Dank der Anlage fühlen sich die Kühe wohler und sind gesünder. Zum Thema „Der Landwirt als Manager“ referierte abschließend Markus Moriggl, der Direktor der Raiffeisenkasse Obervinschgau. Das Management sei eine zentrale Kompetenz. „Erfolgreiche Betriebe haben ihre Zahlen im Griff“, so Moriggl. Landwirte waren in der Vergangenheit stets gute „Manager“ und werden es auch in Zukunft sein müssen, um weiterhin erfolgreich zu sein. Moriggl hatte vorausgeschickt, dass es den Vinschger Raiffeisenkassen wichtig ist, die Vinschger Berglandwirtschaftstage zu unterstützen.

Josef Laner

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