Der Liedermacher Dominik Plangger

„Der weart a nia gscheidr“

Publiziert in 35 / 2015 - Erschienen am 7. Oktober 2015
Dominik Plangger über die Musik, die Liebe und Südtirol. „Wir brauchen keine Stammtisch-Rambos, sondern richtige Helden und Heldinnen.“ Vinschgau/Südtirol - Der ­Vinschger Liedermacher Dominik Plangger hat unlängst sein 4. Album veröffentlicht. Es nennt sich „transalplantisch“ und enthält 11 neue Songs. Am 8. Oktober beginnt Dominik mit einer Südtirol-Tournee. der Vinschger: Was verbirgt sich hinter dem Titel des Albums „transalplantisch“? Dominik Plangger: „transalplantisch“ soll irgendwie die Musik, die man zu hören bekommt, beschreiben, nämlich Einflüsse aus der amerikanischen Folk-Music, wie etwa Country oder Bluegrass, im Mix mit alpenländischen Melodien. Sie gelten seit jeher als kritischer Liedermacher, der etwas zu sagen hat und auch etwas sagen will. Was sind die wichtigsten Botschaften Ihrer 11 neuen Lieder? Ich sehe mich weniger als Botschafter, sondern vielmehr schreibe ich über Gefühle oder Situationen, die mich grade bewegen. Ein sozialkritisches oder politisches Lied zu schreiben bedeutet, klare Position zu beziehen und das geht bei mir nur, wenn ich es auch spüre. Ich kann kein Lied einem aktuellen Thema anpassen, nur damit es mehr Aufmerksamkeit bekommt. Ein Lied muss für mich grade passen, nur so kann ich es dem Publikum gut präsentieren. Wie entstehen ihre Texte und Noten? Wie schon angedeutet, aus einer Situation heraus, die mich gerade beschäftigt. Meine Lieder sind immer sehr nah an mir. Es gibt für mich keine Ordnung, wie ich Lieder schreibe. Das passiert einfach. Die Liebe ist ein zentrales Thema in Ihren Songs Die Liebe ist vor allem auch in der Musik ein großes Thema. Mit der Liebe hatte jeder und jede schon einmal zu tun. Ein Liebeslied kann man ganz tief empfinden und das kann ein sehr schönes oder trauriges Gefühl sein. Man versucht dieses Gefühl in Worte und in eine Melodie zu fassen. Es ist, so glaube ich, kein Zufall, das die größten Lieder der Geschichte Liebeslieder sind. Und was ist Musik? Der Musik habe ich so viel zu verdanken. Dank der Musik durfte ich sehr schöne Momente erleben. Die Musik hat mich immer auf den richtigen Weg geführt, auf sie kann ich mich voll und ganz verlassen. Außerdem habe ich viele unglaublich tolle Menschen kennengelernt. Das ist ein großes Glück und dafür bin ich jeden Tag dankbar. Sie sind in der Musikszene im deutschsprachigen Sprachraum schön längst kein Unbekannter mehr. Wie beschreiben Sie Ihre Heimat, wenn man Sie danach fragt? Heimat ist da, wo man seine Wünsche und sein Leben verwirklichen kann. Ich fühle mich mittlerweile in Wien zu Hause. Hier habe ich Freunde gefunden, die mir menschlich und musikalisch ­mittlerweile sehr nahe stehen. Die andere Heimat sind die Berge des Vinschgaus. Ich bin gerne in Südtirol für ein paar Tage, dann muss ich wieder weiter. So sehr ich den Vinschgau mag, so sehr kann er mich auch erdrücken. Seit ich 2009 Südtirol verlassen habe, wurde alles anders. Auf einmal waren alle Türen offen. Das, was ich mir bis jetzt aufbauen konnte, bestätigt voll und ganz, dass es die richtige Entscheidung war, aus Südtirol fortzugehen. Was geht Ihnen vom Vinschgau am meisten ab, wenn Sie sich für längere Zeit anderswo aufhalten? Was mir leid tut, ist, dass ich sehr wenig bis fast keine Zeit habe, meine Freunde im Vinschgau zu besuchen. Wenn ich einmal da bin, verbringe ich die Zeit mit meiner Familie, was mir wichtig ist, da ich nicht so oft nach Südtirol fahre. Sie singen sowohl im Südtiroler Dialekt als auch auf Englisch und Italienisch. Sind Sie in diesem Sinn eine Multi-Kulti? Ja, weil ich es interessant und wichtig finde. Wenn wir Menschen nicht die Fähigkeit hätten, von anderen zu lernen und uns weiter zu entwickeln durch Vermischung von Tradition, Kultur und Sprache würden wir noch in der Steinzeit leben. In Ihrer Vergangenheit waren Sie oft als Straßenmusiker unterwegs, in Irland zum Beispiel oder in Kanada. Viele Sommer haben Sie als Hirte verbracht. Wie geht das alles zusammen? Das war alles Teil meiner ­Entwicklung. Als Straßenmusiker habe ich gelernt, wie ich meine Stimme über Stunden richtig einsetze, damit sie nicht versagt. Straßenmusik war eine gute Schule für mich. Auf der Straße wird man entweder intensiv wahrgenommen oder ignoriert. Ein recht ehrlicher Umgang mit der Kunst. Die Alm ist nun seit 10 Jahren ein fixer Bestandteil im Jahresrhythmus. Die Alm ist mir wichtig, die 3 Monate sind gut, um mich zu sammeln, Abstand zu gewinnen um danach wieder klar an die Arbeit zu gehen. In Kritiken wird Ihnen bescheinigt, stets authentisch geblieben zu sein. Wie würden Sie dieses Wort ins Vinschgerische übersetzen? „Der weart a nia gscheidr“ Kann man sagen, dass Sie nun endgültig im „Musikgeschäft“ angekommen sind? Ich würde sagen, dass ich mittlerweile eine gute Basis habe und eine Agentur (Showtime Agency), die mich sehr unterstützt. Mein neues Album war für mich ein richtiger Befreiungsschlag von alten Lasten. Man kann sagen: 2015 war bzw. ist ein sehr gutes Jahr für mich, alles ist gut strukturiert und alles macht Sinn. Haben es junge Musiker heutzutage nicht ziemlich schwer, bei ihrer Leidenschaft zu bleiben und damit nebenbei auch das tägliche Brot zu verdienen? Man hat nie eine Sicherheit als freischaffender Künstler. Wenn einen die Freude zur Musik nicht verlässt, hält man viel aus. Es braucht die Motivation und Geduld, ganz langsam immer ein Stück weiter zu kommen. Man braucht ein gewisses Netzwerk, das man sich über die Jahre aufbaut. Worauf dürfen sich Ihre Fans bei Ihrer Tournee durch Südtirol freuen? Es gibt das neue Album zu kaufen und live zu hören. Claudia wird mich an der Geige begleiten und wir haben uns extra neue Hemden gekauft. Was sagen Sie zur gewaltigen Flüchtlingskatastrophe, wie wir sie derzeit erleben? Dass Menschen im Jahr 2015 so etwas miterleben müssen, ist unfassbar. Was da in Syrien vor sich geht, ist der absolute Horror. Menschen werden einfach abgeschlachtet, auf der einen Seite von der eigenen Regierung und auf der anderen Seite von extrem brutalen Mörderbanden. Was mich ohnmächtig macht, ist der Hass gegen Flüchtlinge, der bei uns von zu vielen geschürt wird. Es ist abartig, wie sich manche Menschen über die Flüchtenden äußern, ihnen nur Schlechtes wollen, ohne irgendeinen Funken an Mitgefühl. Das ist die Sprache der Dummen. Das war schon immer so. Was Hoffnung und Mut macht, ist die Hilfsbereitschaft. Es gibt Menschen, die die Flüchtlinge auf den Bahnhöfen versorgen. Wir brauchen keine Stammtisch-­Rambos, wir brauchen richtige Helden und Heldinnen, die denen, die am Boden liegen, aufhelfen, die mit den Leuten reden, sich informieren und sich eine eigene Meinung bilden. Interview: Sepp Laner
Josef Laner

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