Damit Glurns nicht zum „Museum“ wird
Bürgermeister Erich Wallnöfer ist in mehrfacher Hinsicht ein „Sonderfall“.
Glurns - Im Vergleich zu den amtierenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern von Partschins bis Graun hat der Bürgermeister der Stadt Glurns, Erich Wallnöfer, einige Besonderheiten aufzuweisen. Er ist einerseits erst seit 3 Jahren im Amt, denn im Oktober 2021 hatte es ist Glurns Neuwahlen gegeben, weil es dem ein Jahr zuvor gewählten SVP-Bürgermeister Luis Frank nicht gelungen war, eine Mehrheit für die Bildung des Stadtrates zu finden. Andererseits ist Erich Wallnöfer, Jahrgang 1963, der einzige Bürgermeister im Tal, der nicht zur SVP-Familie gehört. Das war früher anders: In der Zeit von 2000 bis 2015 war er dreimal auf der Liste der SVP zum Bürgermeister gewählt worden. 2015 fiel er der Mandatsbeschränkung zum Opfer, 2021 kam er als BM-Kandidat der Liste „Für Glurns“ auf den Bürgermeistersessel zurück. Seine Arbeit in der Schweiz hat er gekündigt. Vollzeitbürgermeister ist er nicht, sondern arbeitet in Teilzeit in einem privaten Unternehmen in Glurns mit.
der Vinschger: Wie gut oder schlecht ist die Zusammenarbeit mit der Südtiroler Volkspartei?
Erich Wallnöfer: Wir haben die SVP in den vierköpfigen Stadtrat geholt, wo sie mit Armin Windegger mitregiert. Die Zusammenarbeit würde ich als grundsätzlich gut bezeichnen. Nicht nur bei der Arbeit im Stadtrat, sondern auch im Gemeinderat steht nicht so sehr die Zugehörigkeit zu einer Partei oder einer Liste im Mittelpunkt, sondern die gewählten Leute, die im Grunde alle denselben Auftrag haben, nämlich für die Bevölkerung und das Allgemeinwohl zu arbeiten. Auf Gemeindeebene spielt die Parteipolitik nur eine untergeordnete Rolle und das ist auch gut so.
Werden Sie und Ihre Liste im Mai 2025 erneut antreten?
Das kann ich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die definitiven Weichen werden wir voraussichtlich erst zu Beginn des neuen Jahres stellen. Ich für meine Person habe noch nicht entschieden, ob ich mich erneut um das Amt des Bürgermeisters bewerbe. Dass sich die SVP zusammen mit den Bezirks- und Landesgremien darum bemühen wird, den Bürgermeistersessel, sprich die „Macht“ zurückzuerobern, liegt wohl auf der Hand.
„Wenn ich gewählt werde, will ich Bürgermeister für alle Glurnserinnen und Glurnser sein“: Haben Sie dieses Versprechen, das Sie im Wahlkampf 2021 abgegeben haben, eingehalten?
Ich glaube schon, dass ich mich zusammen mit dem Stadtrat und auch mit dem Gemeinderat redlich darum bemüht habe, für die gesamte Bevölkerung zu arbeiten und Dinge für das Allgemeinwohl weiterzubringen.
Woran machen Sie das konkret fest?
Es gibt eine ganze Reihe von Projekten und Initiativen, die seit den Neuwahlen umgesetzt wurden. Ich erinnere zum Beispiel an den Bau der Kindertagesstätte oder an die Errichtung von 7 Wohneinheiten für Betreutes Wohnen auf dem Widum-Areal mit einem Projekt-Volumen von 2,5 Millionen Euro. Diese Arbeiten haben sich zwar etwas in die Länge gezogen, aber jetzt sind die Umbau- und Restrukturierungsarbeiten so gut wie abgeschlossen. Die Führung dieser Struktur wird von der Bezirksgemeinschaft Vinschgau übernommen.
Sind die jahrelangen Rechtsstreitigkeiten zwischen der Gemeinde und landwirtschaftlichen Vertretern bzw. Grundeigentümern im Zusammenhang mit dem Biotop Obere Au, Gemeinnutzungsrechten und Weideinteressen tatsächlich vom Tisch?
Ja, Gott sei Dank. Es gab drei Gerichtsverfahren in verschiedenen Instanzen und alle drei konnten einvernehmlich beigelegt werden. Diese leidige Geschichte ist somit endgültig abgehakt.
Wie lange dauert noch die Erneuerung des Trinkwassernetzes innerhalb der Stadtmauern? Die heuer durchgeführten Grabungen haben teilweise zu Kritik geführt.
An den vor rund 40 Jahren verlegten Trinkwasserleitungen in der Stadt waren zunehmend Schäden aufgetreten und es kam wiederholt zu beträchtlichen Wasserverlusten. Der einzige Weg war die vollständige Erneuerung des Netzes. Arbeiten dieser Art sind immer etwas kompliziert und komplex, speziell wenn sie im Inneren einer Kleinstadt durchgeführt werden müssen. Wir haben versucht, die Einschränkungen für die Bevölkerung so gering wie möglich zu halten. So wurde zum Beispiel im Herbst und Frühjahr, also außerhalb der Tourismus-Hochsaisonen, gearbeitet und das werden wir auch bei den noch anstehenden Arbeitsphasen so handhaben.
Wie viele Menschen leben innerhalb und außerhalb der Stadtmauern?
Die Einwohnerzahl ist mit etwas mehr als 900 schon seit Jahren mehr oder weniger konstant. Während aber vor über 10 Jahren noch rund die Hälfte der Leute innerhalb der Stadtmauern lebten, sind es mittlerweile nur mehr rund 40 Prozent. Erschreckend sind diese Zahlen zwar nicht, aber sie lassen den Trend erkennen, dass der Stadtkern weniger stark bewohnt wird und immer mehr Leute außerhalb der Stadt wohnen möchten. Es mag vielleicht etwas überspitzt klingen, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass die Stadt so etwas wie einen „musealen Anstrich“ bekommt. Diesem Trend ist gegenzusteuern. Es braucht Menschen, vor allem junge Leute, die in der Stadt wohnen und sie beleben. Die Eigentümer von Zweitwohnungen sind nur zeitweise vor Ort.
Wie steht es um die Wirtschaft in Glurns, speziell um den Tourismus, und die Kultur?
Wir haben vor den Stadtmauern ein starkes Gewerbegebiet mit starken Betrieben, zu denen täglich rund 300 Mitarbeitende einpendeln. In Sachen Tourismus sehe ich durchaus noch Potential nach oben und würde es sehr begrüßen, wenn zum Beispiel ein größeres Hotel in der Stadt entstünde. Der „Gasthof zur Post“ ist seit heuer leider geschlossen und wir hoffen alle, dass dieser Betrieb wieder irgendwann seine Tore öffnet. Andere Betriebe möchten zwar umbauen, tun sich aber infolge zum Teil nicht nachvollziehbarer Vorgaben des Landesdenkmalamtes schwer. In punkto Kultur und Veranstaltungen braucht sich unsere Stadt nicht zu verstecken. Bei uns ist fast das ganze Jahr über ziemlich einiges los. Viel Zuspruch gibt es immer wieder für unser neues Festival-Gelände. Auf unsere Vereine dürfen wir stolz sein.
Gibt es viel Leerstand in der Stadt Glurns?
Viele alte Häuser und Gebäude wurden zwar vorbildlich saniert, aber leerstehende Städel gibt es so einige. Aus dem Ist-Zustandes, wie er im Zuge der Erstellung des Gemeindeentwicklungsprogrammes erhoben wurde, geht hervor, dass wir innerhalb der Stadtmauern einen Leerstand von rund 50.000 Kubikmeter haben.
Gibt es überhaupt Interesse, in der Stadt zu wohnen?
Im Prinzip ja, aber Bauwillige mit einem Normalverdienst tun sich schon seit Jahren schwer und zwar überall. Abgesehen von den Kosten kommen noch langwierige bürokratische Hürdenläufe dazu. Das meine ich jetzt generell. Es kann doch nicht sein, dass ein Privater oder auch eine öffentliche Verwaltung zig Monate auf irgendein Gutachten warten müssen. Gefordert ist hier in erster Linie die Landespolitik, aber anscheinend hat niemand den Mut, Verantwortung zu übernehmen und auf den Tisch zu hauen.
Wie geht es eigentlich mit dem „Bondi’ Stadel“ weiter?
Die Gemeinde hat diesen Stadel zwar seinerzeit gekauft, um ihn für den geförderten Wohnbau zur Verfügung zu stellen, doch bis dato gibt es leider keine Interessierte. Vielleicht gelingt es uns, die Wohnungen über die Schiene der sogenannten „Preisbindung“ an den Mann bzw. die Frau zu bringen.
Gibt es Pläne für die Ex-Militärvilla vor dem Schludernser Tor?
Die Stadtgemeinde hat diese Immobilie mitsamt den dazugehörigen Grundflächen für 270.000 Euro dem Land abgekauft. Unser Plan ist es, die „Villa“ abzureißen und an ihrer Stelle einen Neubau mit einer Mensa für die Mittelschule, die Grundschule sowie für Senioren und möglicherweise auch für Mitarbeitende von Betrieben zu errichten. Zudem möchten wir eine Tiefgarage bauen und im zweiten Stockwerk Wohnraum schaffen. Bei diesem Vorhaben sprechen wir immerhin von Kosten in Höhe von rund 3 Millionen Euro.
Ein Thema, das in Glurns seit Jahrzehnten mit unterschiedlicher Intensität auf das Tapet kommt, ist der Verkehr.
Der Verkehr ist tatsächlich zu einem „Dauerstudium“ geworden, bisher leider ohne Lösungen. Eine sehr „kleine Lösung“ hätte ich schon seit einiger Zeit parat, doch dem Land sind die dafür nötigen Geldmittel in Höhe von 400.000 Euro offensichtlich zu viel.
Was wäre das für eine Lösung?
Man könnte den von Taufers im Münstertal kommenden Verkehr nicht mehr direkt in die Stadt leiten, sondern in Richtung Prad. Hierfür müsste die Kreuzung, an der man derzeit in Richtung Prad abzweigt so umgestaltet werden, dass nur mehr jene nach Glurns abbiegen, die tatsächlich in die Stadt wollen, und alle anderen auf der Haupttrasse in Richtung Prad weiterfahren. Dass die Prader damit keine Freude hätten, ist uns bewusst, aber für Glurns wäre es eine nicht unerhebliche Entlastung. Noch völlig in den Kinderschuhen steckt derzeit unsere Idee, die Stadt während der Hochsaison im Sommer nur für bestimmte und noch festzulegende berechtige Kategorien von Verkehrsteilnehmern zu öffnen.