Begehrt, aber nicht bekannt
Publiziert in 4 / 2016 - Erschienen am 3. Februar 2016
Die Südtiroler sind die Besten im Tourismus und damit das auch alle erfahren, hat sich das Unternehmen IDM gebildet.
Burgeis/Kloster Marienberg - Mit einer Portion Ironie könnte man den SMG Kommunikationstag im Kloster wie folgt zusammenfassen: Führung durch die Baustelle „IDM“, erhöhte Zweifel, mehr Fragen als Antworten und als einziges, konkretes Ergebnis eine würzige Kürbiscremesuppe der Bäuerinnen. Der Einstieg in den Tagesordnungspunkt „Für welche Themen steht Südtirol in den Märkten und wofür wollen wir uns in Zukunft stärker engagieren?“ war aufrüttelnd. Für viele der anwesenden Touristiker, Werbeagenten und im Tourismus Tätigen sogar bestätigend: Südtirol ist ein „No Name“.
Von wegen bekannt
Südtirol ist unter den Stammgästen zwar begehrt, aber nicht einmal auf den Hauptmärkten Deutschland und Italien sonderlich bekannt. Von den Italienern unter den befragten 4.168 Personen - die Zahl ist nicht berauschend bei 7 europäischen Ländern - hat eine Wiener Agentur herausgefunden, dass Südtirol im Staatsgebiet als attraktive Urlaubsdestination hinter dem Trentino und der Valle d‘Aosta liegt. Bitter wurde es bei der Frage: „Wenn Sie an Urlaube im alpinen Raum denken, welche Regionen und Orte fallen Ihnen da spontan ein?“ Nur 4,8 Prozent der Italiener, nicht einmal 2 % der Deutschen, unter 0,1 % der Schweizer und Österreicher, etwa 2 % der Tschechen, eine 0,0-etwas-Anzahl bei den Briten und niemand der Niederländer fiel dabei Südtirol ein. Die Befrager haben weiter gebohrt: „Gibt es noch Regionen im alpinen Raum, die ihnen zumindest dem Namen nach einfallen?“ Vor Südtirol fiel den Deutschen Tirol und das Allgäu ein, den Schweizern Graubünden und Tirol, den Italienern - wie gesagt - das Trentino und das Aosta-Tal, den Österreichern zuerst Tirol, dann Salzburg und Kärnten. Bei Tschechen und Briten kam Südtirol auf Rang 6. Als man in den Kernmärkten Deutschland, Schweiz, Italien, Österreich und in den Aufbaumärkten Tschechei, Großbritannien und Niederlande nach Regionen mit Schwerpunkt „Wandern-Bergurlaub“ fragte, wurde es traurige Gewissheit: Wir sind ein erschreckend unbedeutender Fleck. Die Deutschen können sich den Wanderurlaub in Bayern oder Tirol besser vorstellen. Die Schweizer bleiben patriotisch, verbannen Südtirol auf Platz 8 und lassen als „Auslandsregion“ nur Tirol auf Rang 4 gelten. Bei den Italienern kommt Südtirol nach dem Trentino. Die Schutzmacht Österreich kennt nur Tirol und die eigenen Bundesländer. 5,3 % der Tschechen würden gern bei uns wandern. Briten und Niederländern ist Südtirol als Wandergebiet unbekannt. Die Aussage „Südtirol ist hoch begehrt, könnte aber noch bekannter werden“ sollte wohl aufmuntern.
Der thematische Ansatz
Marco Pappalardo, Kommunikationschef im IDM (Innovation-Development-Marketing), meinte: „Mit Geld kann man zwar die Bekanntheit ‚pushen‘, aber die Begehrlichkeit muss parallel gehen. Es gibt nur eine Botschaft: die Authentizität.“ Thomas Plank, laut Organigramm des IDM zuständig für den „Key Account Produktentwicklung“, ergänzte: „Wir müssen uns von Territorien zu Themen verschieben, sonst gehen wir im Haifischbecken zugrunde.“ 3 Ziele nannten die IDM-Vertreter: 1. die Internationalisierung, auf gut Deutsch, die breitere Aufstellung, 2. das Markenversprechen. Die Destinationen würden in allen bearbeiteten Märkten als Markt wahrgenommen. 3. die Innovation. Das hieße, sich mit Kreativität zu unterscheiden. Die Ziele seien thematisch zu verfolgen, aber in den richtigen Gebieten mit den stärksten Partnern. Plank führte als „thematische Ansätze“ Wandern & Bergsteigen, Skifahren & Wintererlebnis, Essen & Trinken, Radwandern & -fahren, Kleine Städte & Kultur, Entspannen & Wohlfühlen an. Alles zusammen sei mit „alpiner und grüner Kompetenz“ (Umwelttechnologie) anzugehen.
Bozner Zentralismus
Die heiße Phase des Kommunikationstages begann mit den Sätzen: „Statt einer Dachorganisation brauchen wir Produktentwicklung, Verkauf und Kommunikation. Wir müssen Erlebnisräume schaffen, die als RME, regionale Management-Einheiten, bearbeitet werden und auch mehrere territoriale Einheiten umfassen können.“ Die Darstellung des IDM-Innenlebens unterbrach Vinschgau Marketing-Direktor Kurt Sagmeister mit dem Hinweis, am meisten würde den Anwesenden die Umstrukturierung der Tourismusvereine interessieren. Es sei eine große Revolution im Gange, die auch Unannehmlichkeiten bringen könne, war die Antwort, die prompt eine Flut von Fragen und Bedenken auslöste. Matthias Tschenett, Präsident von Vinschgau Marketing, wollte wissen, was mit dem Vinschgau und dem Büro in Glurns passiere. Man fragte nach dem Unterschied zwischen RME und derzeitigen Tourismusvereinen und befürchtete den Verlust von Netzwerken, ja der Vinschger Identität, Man sah den Bozner Zentralismus aufziehen und die besten Leute wegziehen. Direkt und indirekt gab es viel Lob und Anerkennung für Vinschgau Marketing, nach dem Motto: Jetzt haben wir uns endlich zusammengerauft und jetzt lassen wir uns nicht wieder alles zerschlagen. Die Referenten wiederholten sich: „Noch ist keine Entscheidung gefallen.“ S
Günther Schöpf