Bei der Jubiläumsfeier in Dreizehnlinden (v.l.): Simon Lochmann, Günther Platter, Margaretha Riedmann, Karl Pfitscher, Cláudia Grander Barbieri, Stefan Scholz und Luis Schranz.
Die Erinnerung an Andreas Thaler, den Gründer von Dreizehnlinden, wird hochgehalten.
Auf den ersten Blick kaum zu glauben: Dieser Gastbetrieb befindet sich in Dreizehnlinden in Brasilen.
Beim Festumzug
Im Bild links einer der Ställe in Dreizehnlinden, rechts Produkte der Molkerei „Tirol“
Im Bild links einer der Ställe in Dreizehnlinden, rechts Produkte der Molkerei „Tirol“

90 Jahre Dreizehnlinden

Ehrengäste aus Nordtirol und Südtirol feiern mit Landsleuten in Brasilien.

Publiziert in 23 / 2023 - Erschienen am 19. Dezember 2023

Brasilien/Schlanders - Es war 1996, als die Schützenkompanie Schlanders mit dem damaligen Hauptmann Karl Pfitscher die erste Brasilien-Reise organisierte, um in der Colônia Tirol, einer Streusieldung im Bundesstaat Espírito Santo, sowie in der Gemeinde Dreizehnlinden (Treze Tílias), ebenfalls im Bundesstaat Santa Catarina, ausgewanderte Tiroler Migranten zu besuchen und Beziehungen mit den Landsleuten in Brasilien aufzubauen. Auf die erste Reise folgten weitere. 2017 fand bereits die 5. Reise der Schützenkompanie nach „Dorf Tirol“ in Brasilien und die 4. nach Dreizehnlinden statt. Im Laufe der Jahre wurden auch Hilfsaktionen gestartet, wie etwa die Restaurierung der Kirche in der Colônia Tirol. Diese Ortschaft wurde bereits 1859 von Einwanderern aus dem Stubaital und dem Oberinntal gegründet. Die brasilianische Kaiserin Leopoldine von Habsburg hatte bei den Tirolern und auch anderen Österreichern schon zu ihrer Regierungszeit Hoffnung auf ein besseres Leben in Südamerika geweckt. Merklich jünger ist die Geschichte von Dreizehnlinden. Diese Gemeinde, die derzeit rund 9.000 Einwohner zählt, wurde 1933 von Andreas Thaler aus der Wildschönau in Tirol gegründet. Thaler hatte als ehemaliger Landwirtschaftsminister Österreichs mehrfach Subventionen für seine Auswanderungspläne verlangt. Damals herrschte große Arbeitslosigkeit und Thaler wollte daher Bauern aus Tirol eine gesicherte Existenz in Lateinamerika ermöglichen. Auch Menschen aus dem Vinschgau und andern Teilen Südtirols wanderten aus.

„Einwanderungsmesse 1933-2023“
Als Dreizehnlinden im heurigen Oktober mit einem mehrtägigen Festprogramm das 90-jährige Bestehen feierte, waren natürlich auch Ehrengäste aus Nordtirol und Südtirol mit dabei sowie Vertretungen von österreichischer Botschaften in Brasilien. Karl Pfitscher war zusammen mit Adolf Prünster aus Lana nach Dreizehnlinden gereist. Zu den Höhepunkten gehörte die „Einwanderungsmesse 1933-2023“, an der die österreichische Honorarkonsulin Cláudia Grander Barbieri, der österreichische Botschafter in Brasilien, Stefan Scholz, und viele weitere Ehrengäste teilnahmen. Nicht gefehlt hat auch ein Besuch des Museums, das dem Gründer von Dreizehnlinden, Andreas Thaler, gewidmet ist. Dass die Tiroler Kultur und die deutsche Sprache der alten Heimat in „Treze Tílias“ nach wie vor hochgehalten werden, auch wenn der brasilianische Einfluss mittlerweile natürlich groß ist, zeigte sich bei allen Festlichkeiten. So gab es zum Beispiel neben Tiroler Kost auch typische Getränke und Gerichte aus Brasilien. Mit dem Bürgermeister von Dreizehnlinden, Rudi Ohlweiler, kam Karl Pfitscher ebenso ins Gespräch, wie mit dem ehemaligen Tiroler Landeshauptmann Günther Platter, mit Simon Lochmann von der „Abteilung Südtirol, Europaregion und Außenbeziehungen“ des Landes Tirol sowie mit dem Medalp-Chef Luis Schranz. Am großen Festumzug am 15. Oktober nahmen 85 Gruppen und Festwagen teil. Auch Karl Pfitscher wurde auf die Ehrenbühne gebeten, wo sich neben vielen weiteren Ehrengästen auch der Gouverneur von Santa Catarina, Jorginho Mello, befand. Ausgiebig gefeiert wurde bei einem Tiroler Fest, bei dem u.a. die Musikkapelle „Banda dos Tiroles“ aufspielte, die „Bürgermeister Musikkapelle Schwaz“ aus dem Unterinntal und die Gruppe „Los Alpinistas“. Günther Platter dirigierte den Marsch „Dem Land Tirol die Treue“, den mehrere Musikkapellen gemeinsam spielten.

Zweitgrößte Molkerei Brasiliens
Die Wirtschaft in Dreizehnlinden, wo viele Gebäude immer noch nach Tiroler Art gebaut werden, fußt auf zwei Beinen. Das ist zum einen die Molkerei „Tirol“. Sie ist die zweitgrößte Molkerei in Brasilien und der größte Betrieb im Ort. Rund 3,5 Millionen Liter Milch von 12.000 Bauern aus dem Umkreis von 600 km werden dort täglich verarbeitet. Die Idee, eine Molkerei zu errichten, war vom Tiroler Volkskundeprofessor Karl Ilg ausgegangen. Das zweite wirtschaftliche Standbein ist der Tourismus. An die Traditionen aus der Heimat erinnert unter anderem das weit verbreitete Kunsthandwerk der Holzbildhauer.

Josef Laner

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