Sowas heißt man friedliche Nutzung eines Kriegsreliktes. Einen Bunker des einstigen Alpenwalls Mussolinis will die Stadt Glurns für kulturelle Veranstaltungen nützen; ein zweiter - dahinter liegend - wird „hochgeistiger Lagerplatz“.

In Glurns wird demnächst eingebunkert

Publiziert in 33 / 2010 - Erschienen am 22. September 2010
Glurns – Mit 21 Tagesordnungspunkten hatten sich Gemeinde- und Stadträte in Glurns unter Bürgermeister Erich Wallnöfer einiges zugetraut. Dazu ­musste Sekretär Georg Sagmeister auch noch die Räte über 80 Be­schlüsse informieren. Es ging aber wie „s Nudel Schmelzen“ dahin und stockte erst bei Punkt 9: „Vorschlag für die Benennung des Platzes neben der Etschbrücke in Tuchbleich“. Es hätte nicht viel gefehlt und die Glurnser wären um wertvolles Kulturgut gekommen. Glaubten Bürgermeister Wallnöfer und sein Vize, Alois Frank, fest an die Benennung, die ja auf ein Stück Glurnser Wirtschafts- und Sozial­geschichte hinweist, kam der Name anderen Räten als „grauenvoll“ vor, für Italiener unaussprechbar. Man versuchte sich an Neuschöpfungen wie „Etschdammplatz, Etschdammplatzl und auch Etschplatz“, die aber alle nicht befriedigten. Der Freiheitliche Karl Sagmeister konnte als ältestes Ratsmitglied den Ursprung des Begriffs „Tuchbleiche“ mit den waschenden und bleichenden Frauen am offen vorbei­fließenden „Looswaal“ durchaus erklären. Dass sich die Befürworter mit acht Stimmen gegen zwei Gegenstimmen und vier Enthaltungen durchsetzten, lag weniger am Geschichtsbewusstsein, als mehr an der Verteilung der Hausnummern. Die Vergabe der Hausnummer 1A an einen Neubau hätte die übrigen Anwohner des Etschdammes in bürokratische Schwierigkeiten gebracht; der neue Platz erlaubt den Start mit Nummer 1. Ebenfalls eine längere „Durchlaufzeit“ erzwang Punkt 11: „Genehmigung einer Vereinbarung mit der Marktgemeinde Schlanders zwecks Führung des gemeinsamen Sekretariats-Dienstes“. Sekretär Georg Sagmeister wird den „Stadtlern“ nur mehr zu 40 Prozent zur Verfügung stehen; 60 Prozent der Arbeitszeit muss der Sieger im Stellenwettbewerb um den Posten in Schlanders dem „Hauptort“ widmen. „Wir können hier nicht mehr allein über eine Regelung entscheiden“, stellte Bürgermeister Wallnöfer fest, „da hat Schlanders das ­letzte Wort. Wir probieren halt diese Aufteilung bis 31. Dezember 2011 aus, sollte auch Schlanders die Konvention genehmigen.“ Den Abschluss – einen erfreulichen für Glurns – machte eine Bauleitplanumwidmung zweier Bunker in Zone für öffentliche Einrichtungen. Die Stadt will einen davon erwerben, um ihn für kulturelle Zwecke zu ­nützen, während sie den anderen voraussichtlich an Albrecht Ebensperger vermieten wird. Der Bauunternehmer, der auch im Gemeinderat sitzt, ist jüngst als erster Südtiroler Whisky-Produzent ins Gespräch gekommen und will den Bunker als Lagerplatz für spezielle Fässer nützen.
Günther Schöpf
Günther Schöpf

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